obwohl ich meine Erstinfektion bereits im März 2011 hatte und öfter daran gedacht habe, im Internet nach "Leidensgenossen" zu suchen um mich auszutauschen, hat es bis heute gedauert. Es war nicht leicht, ein solches Forum zu finden, umso mehr freue ich mich jetzt angemeldet zu sein und möchte mich kurz vorstellen. Ich werde ganz kurz ausholen, wie damals alles bei mir begann und wie ich heute damit umgehe (aktuell sitze ich breitbeinig auf dem Sofa, damit meine Aciclovir-Salbe gut trocknen kann ) Meinen Text muss ich leider aufteilen, da ich gerade beim Posten die Fehlermeldung erhalten habe, dass meine GH-Lebensgeschichte zu lang ist Dies ist also Teil 1.
Meinen ersten Ausbruch hatte ich mit 22, war damals Studentin und nicht in einer festen Beziehung. Hatte gerade einen netten Typen kennengelernt und alles war noch ganz frisch, verhütet haben wir auch mit Kondom. Nach ca. zwei Wochen ging es los, ich hatte das Gefühl, dass eine Erkältung im Anmarsch ist, mir war kalt und nebenbei juckte mein ganzer Intimbereich und rötete sich. Da ich bis dahin im schlimmsten Fall mal eine Scheidenpilzinfektion hatte, bin ich genau davon ausgegangen und beschloss am nächsten Morgen zu Frauenarzt zu gehen um mir was dagegen verschreiben zu lassen. Am nächsten Morgen hatte ich dann überall, und Leute, damit meine ich leider wirklich überall im Intimbereich Huppel, die für mein Laienauge aber noch nicht nach Blasen oder Sonstigem aussahen. Beim Frauenarzt hat dieser mir dann gleich mitgeteilt, dass das nach Genitalherpes aussieht, mir ne Aciclovirsalbe verschrieben und mich freundlich aber bestimmt weggeschickt, da er sich auf schwangere Frauen spezialisiert hat, für die ich augenscheinlich eine Gefahr darstellte. Direkt vom Frauenarzt raus habe ich meine Affäre angerufen, ihm alles erzählt und ihn gebeten gleich zum Urologen zu gehen. Das hat der Ärmste panisch sofort getan, der Urologe konnte aber gleich Entwarnung geben. Er hatte weder Symptome noch Sonstiges. Ich kürze jetzt kurz ab: Ich hab mich noch drei Tage zuhause rumgequält und versucht mich mit Aciclovir-Salbe über Wasser zu halten, bis ich es nicht mehr aushielt. Eine Freundin brachte mich nachts in Krankenhaus, wo ich dann mehr als eine Woche bleiben musste und mir das Aciclovir intravenös gegeben wurde. Neben Aciclovir bekam ich starke Schmerzmittel intravenös sowie eine Betäubungssalbe, die ich allerdings nicht auftragen konnte, da meine Intimzone aussah wie schlimmes Kriegsgebiet. Meine Schamlippen, Klitoris und alles drum herum waren um ein Vielfaches geschwollen, die meisten Bläschen waren aufgeplatzt und hatten das drum herum liegende Gewebe mit angesteckt, das ganze vermischte sich mit Blut. Sorry, dass ich hier so ins Detail gehe, aber ich glaube das beschreibt meine damalige Situation am Besten. Verschiedene Frauenärzte, der Oberarzt etc. kamen mit jungen Assistenzärzten und ich wurde ein bisschen wie eine seltene Kreatur behandelt, auf die alle Mal einen Blick werfen wollten (nicht direkt auf mich, sondern auf meine Intimzone). Ich kam mir vor wie ein Ungeheuer, das von einer Show zur nächsten geschickt wird, nur dass ich im Bett liegen bleiben durfte und die Leute zu mir kamen um die Absonderlichkeiten zu sehen. So einen schweren Fall hatten die noch nie gesehen und ich war wohl gutes Lehrmaterial. In dieser Zeit ging es mir wirklich psychisch wie physisch richtig schlecht. Ich hatte noch nie solche körperlichen Schmerzen gehabt, alles zwischen Oberschenkel und Bauchnabel schien mir eine wabernde Masse Schmerzes zu sein und jedes Pinkeln war die Hölle. Vor allem hatte ich Angst, dass meine Vagina und die Region drum herum nie wieder so aussehen würde wie vorher. In dieser Zeit haben mir vor allem meine engsten Freunde sowie meine Affäre geholfen, die mich regelmäßig im Krankenhaus besuchten und versuchten mich mit Galgenhumor aufzumuntern. Mit der Affäre führte ich im Anschluss sogar eine kurze Beziehung und nein, wir haben nicht verhütet sondern vereinbart, dass ich mich sofort melde, wenn ich erste Symptome spüre. Wir stehen noch in Kontakt und er hatte bis heute kein GV. Was den optischen Zustand meiner Geschlechtsteile betrifft, sie sind nach Abheilen der Krusten wieder auf eine normale Größe zurückgegangen , Narben sind nicht wirklich hinterblieben, nur kleine Unebenheiten der Haut an den Stellen, wo der GH am Schlimmsten war und dort auch nur mit Taschenlampe und Spiegel zu erkennen. Für jemanden, der es nicht weiß, nicht zu erkennen.
Ein Jahr später lernte ich meinen jetzigen Freund kennen, der GH hatte mich bis dahin nicht mehr geplagt je mehr Zeit verging, dachte ich garnicht mehr an ihn. Mit meinem Freund verhütete ich am Anfang und erzählte nichts mehr davon, weil ich zum Einen selbst nicht mehr daran dachte, zum Anderen, weil ich nich mehr davon ausging, dass er nochmal kommen würde. Nach ein paar Monaten an einem Wochenende war es dann plötzlich so weit und es traf mich völlig Unerwartet. Ich brach weinend zusammen und erzählte ihm, was Sache war. Und das war so beängstigend, denn der Mann war mir echt wichtig und ich war überzeugt, dass er mit Ablehnung reagieren würde, gerade weil das Thema so verpönt ist und totgeschwiegen wird. Er nahm mich in den Arm und fuhr mit mir in die Notaufnahme, wo mir Aciclovir-Tabletten verschrieben wurde. Zuhause wappnete er sich mit Aciclovir-Salbe und Wattestäbchen und "verarztete" mich. Seither habe ich circa 2 Ausbrüche pro Jahr, bin mittlerweile aber fast schon ein "Profi" im Erkennen der Symptome, das heißt, wenn ich es spüre, auch wenn noch nichts zu sehen ist, fange ich gleich mit der Einnahme von Aciclovir Tabletten an und schmiere die Gegend großzügig mit der Salbe ein. Auch mein Freund hilft mir dann oft dabei, wenn das Herpes an einer blöden Stelle ausbricht, an die ich nur mit Hilfe eines Spiegels komme. Sex haben wir ab dem Zeitpunkt, wo ich das kleinste Symptom spüre natürlich nicht. Ich geb ihm immer gleich Bescheid und dann gehts mit unserem Sexleben erst wieder los, wenn alles komplett abgeheilt ist und man auch keine Kruste oder Sonstiges mehr sieht (das kann auch mal gut drei Wochen dauern)
Obwohl ich gerade wieder einen Ausbruch habe, geht er mir psychisch eigentlich gut, ich denke, das kommt vor allem durch den tollen Rückhalt, aber auch dadurch, dass ich mittlerweile weiß, dass das immer wieder kommen wird und es mich nicht mehr total unerwartet trifft. Ich hatte in der Vergangenheit, vor allem in den ersten drei Jahren, immer wieder Phasen, in denen es mir psychisch richtig zu schaffen machte, aber mein Freund macht mir immer wieder klar, dass es nichts Anderes als Lippenherpes an ner anderen Stelle ist und das Nichts sei, wofür ich mich schämen oder anders fühlen sollte. Natürlich gibt mir das Rückhalt und ich wünsche mir, dass jede Person mit GH einen Partner oder Freunde hat, mit denen er oder sie offen drüber reden bekommen und dort Unterstützung erhalten. Nichtsdestotrotz ist es etwas Anderes, mit Personen zu sprechen, die wirklich betroffen sind, indem sie an der gleichen Krankheit leiden - Leidensgenossen also. Gerne möchte ich mich mit Euch austauschen, denn nur Ihr wisst wirklich, wie es ist GH zu haben und durch die Scheiße zu gehen, die uns jetzt also für den Rest unseres Lebens begleiten wird.
Als finalen Tipp kann ich jedem nur empfehlen sich vom Hausarzt oder sonst wem Aciclovir-Tabletten (400 oder 800 mg) verschreiben zu lassen, die man dann als Vorrat hat. Das ist auch eine unglaubliche emotionale Stütze, wie ein Sicherheitsschirm, wenn man z.B. in den Urlaub geht oder viel geschäftlich reisen muss. Abgesehen davon habe ich bis jetzt leider fast nur negative Erfahrungen mit verschiedenen Frauenärzten gemacht, die oft keine Ahnung von dem Thema haben. Mir sind da schon so viele Sachen passiert, z.B. dass ich wieder mal am WE in die Notaufnahme musste um mir ein Rezept für Aciclovir zu besorgen und der Ärztin sagte, dass ich wieder einen Ausbruch habe. Sie hat nichts gesehen und wollte mir deshalb das Rezept verweigern, sie dachte ich bin ein besserwisserischer Scheißer, der zu viel gegoogelt hat und selbst Diagnosen erstellt, einen Tag später war das Teil gewachsen und ich ging wieder hin - und bekam das Rezept. Wenn man GH bereits (mehrmals) hatte, behaupte ich, den eigenen Körper relativ gut zu kennen. Ein anderes Beispiel, das mich echt nervt ist, dass man regelmäßig von den Frauenärzten zu hören kriegt (mit vorwurfsvollem Unterton), dass man jetzt keinen Sex haben darf oder dass man sich richtig waschen muss da unten und die Wäsche abkochen. Haha, 1. habe ich sowieso keine Lust auf Sex, wenn ich da unten GH habe und 2. wie wenn der GH von mangelnder Hygiene kommen würde oder ich als erwachsene Frau ermahnt werden müsste meine Geschlechtsteile sauber zu halten. Egal, so sind sie halt. Zum Frauenarzt gehe ich seit den letzten zwei Schüben auch nicht mehr, wenn ich einen Ausbruch habe, sondern fange gleich mit der Medikation an. Ich kann nur bestätigen, was ich hier in dem Forum gelesen habe, nämlich dass man ungern gesehener Patient beim Frauenarzt ist, wenn man gerade einen GH Ausbruch hat.
Mein positivstes Erlebnis mit einem Frauenarzt hatte ich, als ich gerade auf Geschäftsreise im Ausland war. Ich hatte mein Aciclovir-Notfall-Paket vergessen und in Slowenien bemerkt, dass ich einen Ausbruch bekomme. Das war abends und musste mich am nächsten Morgen noch zum Geschäftstermin zwingen, bevor ich die Heimreise antreten konnte. Da war es schon so schlimm, dass ich in Österreich einen Frauenarzt gegoogelt habe und landete in Hartberg. Leider weiß ich seinen Namen nicht mehr, aber er gab mir sofort Medikamente, schmierte mich noch mit Aciclovir ein und klebte mir die Stelle mit einem Verband zu, damit ich zumindest die 6-stündige Autofahrt überstehen würde. Der hatte schon mehrere GH Patientinnen gehabt und das hat echt gut getan, mich in dem Moment mit ihm auszutauschen.
So, entschuldigt, diesen Wortwasserfall, aber ich habe mir ja auch jahrelang alles aufgespart, also hoffe ich, ihr seid nachsichtig mit mir. Ich freue mich auf Eure Kommentare und den Austausch.
Eure Anna (Der Nachname ist ein Fake, aber ich hoffe, auch hier seht ihr es nicht so eng. Ist ja leider immer noch so, dass man Angst hat, dass nähere Umfeld könnte etwas mitbekommen)
ich wollte deinen Beitrag nicht so stehen lassen. Ich finde das hört sich bei dir eigentlich alles ganz positiv an und macht irgendwie Mut. Vielen Dank dafür
Danke für deinen langen Bericht, ich denke, der kann anderen auch Mut machen.
Leider gibt es hier insgesamt wenig Austausch, selten mal eine Reaktion auf einen Beitrag von anderen, ich nehme mich selbst da nicht aus. Sind aber eben auch nicht so viele Mitglieder...und man möchte sich ja auch nicht dauernd mit dem Thema befassen.